Hightech vom Land: Während ein Traktor samt Anhänger die Hänferstraße hinauf zum Weinberg tuckert, wirbelt der Acherner Unternehmer Marco Beicht im Anwesen Nummer 35 mit powercloud die Energiebranche auf. Ein amerikanischer Investor unterstützt dies mit einem dreistelligen Millionenbetrag, wovon auch die Hornisgrindestadt profitieren könnte.
Beichts Firma powercloud realisiert digitale Dienstleistungen für Energieversorger, damit sie für Endkunden beispielsweise Stromrechnungen und Kundenservice abwickeln. Der Clou: „Die Programme und Systemlösungen sind einfacher und kostensparender als die Produkte bisheriger Platzhirsche wie SAP“, erklärt Beicht. Keine teuren Softwarelizenzen, keine umfassende Hardware: Die Programme seien auf externen Speicherplätzen, sogenannten Clouds, mehrfach gesichert abgelegt. Die offene Software-Plattform ermögliche, dass Kunden direkt online mit den Energieversorgern kommunizieren. „Es geht darum, dass die Versorger kostensparend automatisch eine massive Menge an Prozesse und Daten verarbeiten können, wofür früher ein hoher Personaleinsatz notwendig war. Dieses können die Unternehmen nun an anderer Stelle zielführender einsetzen“, erläutert der 35-jährige Firmenchef.
Energieversorger wechseln zu powercloud
Mittlerweile, so Beicht, wechseln die meisten großen deutschen Energieversorger wie EnBW, E.on oder EWE in mehrjährigen Projekten von SAP zu Cloud-Angeboten von powercloud. Der Acherner Softwareentwickler ist überzeugt, dass er mit seinem Unternehmen den Walldorfer SAP-Konzern künftig im Branchensektor auch außerhalb Deutschlands den Rang als Marktführer streitig machen wird.
„General Atlantic“ beteiligt sich mit 45 Prozent
Die Arbeit von powercloud wirkt im Kirschendorf unscheinbar, lediglich mehrere geparkte Fahrzeuge und Firmenschilder auf der Hausfassade verraten, dass hier etwas Großes entsteht. Die 2012 gegründete Firma mit einem achtstelligen Jahresumsatz ist in der Energiebranche bereits ein Begriff. Anfang des Jahres hat der amerikanische Investor „General Atlantic“ einen dreistelligen Millionenbetrag investiert und eine Beteiligung von 45 Prozent an Beichts Firma erworben. Eine Mehrheit von 55 Prozent bleibt in den Händen von Marco Beicht.
Achim Berg ist mit an Bord
Die Investoren aus New York mischen auch bei digitalen Schwergewichten wie Uber, AirBnB und Flixbus mit und beteiligten sich von 2011 bis 2013 an Facebook. An Bord ist ebenfalls Achim Berg, ehemaliger Geschäftsführer von Microsoft Deutschland sowie einst Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann-Arvato und Vertriebsvorstand der Telekom. „Das ist eine super Situation für uns, wir können jetzt deutlich schneller wachsen“, freut sich der 35-Jährige. In etwa fünf bis zehn Jahren sieht er sein Unternehmen an der Börse.
Technologiecampus in Achern?
Enormes Wachstumspotential bescheinigt sogar die FAZ Beichts Unternehmen. Und der Acherner hat in der Tat Großes vor. „Jetzt werden wir die Energiekonzerne außerhalb Deutschlands von unseren Produkten überzeugen und Pakete für kleinere Energieversorger hierzulande schnüren.“ Derzeit definieren die Experten im Kirschendorf Strategien für den Eintritt in weitere Märkte. Langfristiges Ziel ist es, einen Platz an der Sonne des Weltmarkts zu erarbeiten. Für den Unternehmer steht fest, dass er dies weiterhin von Achern aus erreichen will. Doch sein expandierendes Unternehmen braucht Platz. Ein Technologiecampus schwebt ihm vor mit bis zu 300 Ingenieuren.
Unternehmen will vor Ort wachsen
Achern, ein neues Walldorf? „Derzeit sind wir mit der Stadt in Verhandlungen“, so Beicht. Für Achern sei dieser Technologiecampus ein enormer Gewinn, es winken hohe Gewerbesteuereinnahmen sowie Kaufkraft neuer Mitarbeiter, ist der Softwareentwickler überzeugt. Zwar hat powercloud heute schon Büros in Leipzig und Köln. Dort seien Flächen vorhanden. „Doch ich will auch hier weiter wachsen, das würde Achern erheblich aufwerten“, betont Beicht im ABB-Gespräch. Voraussetzung sei, dass die Stadtverwaltung die Weichen hierfür stellt.
Weitere Geschäftsfelder
Dem Geschäftsfeld von powercloud scheint keine Grenzen gesetzt zu sein: Die cloud-basierten Abrechnungssysteme seien später auch weltweit etwa in der Handel-, Dienstleistungs-, Banken- und Versicherungsbranche anzuwenden.
Auszug aus: https://bnn.de/lokales/abb/wie-ein-acherner-unternehmer-die-energiebranche-aufwirbelt, Acher- und Bühler Bote / Badische Neueste Nachrichten, (BNN), vom 11.12.2019