Wie EVU, Stadtwerke und Co. sich im Rekordtempo digitalisieren und mit neuen Produkten im Markt positionieren können 

„Digitize or die“ – die düstere Warnung hat in der umkämpften Energiebranche ihre Berechtigung: Viele Stadtwerke und etablierte EVU hängen im Digitalisierungsprozess hinterher. In der Folge ist zum Beispiel die „Time-to-Market“ von neuen Produkten zu lang und ein Cross- und Up-Selling nur schwer möglich. Gleichzeitig treten immer mehr Marktteilnehmer auf den Plan. Es ist also höchste Zeit, die eigenen IT-Strukturen zu modernisieren – und zwar mit maximalem Tempo. Wie genau ist das mit powercloud möglich und warum erleichtert diese innovative SaaS-Lösung die Etablierung von neuen Produkten?

In der Energiewirtschaft zieht ein Sturm auf: Start-ups sowie branchenfremde Großunternehmen drängen immer schneller in den Markt und erzeugen einen massiven Verdrängungswettbewerb. Zugleich entstehen völlig neue Produkte und Serviceleistungen – die Zeiten, in denen EVUs nur Strom und Gas angeboten haben, sind vorbei. Stattdessen werden per Cross- und Up-Selling beispielsweise auch Wallboxen, PV-Anlagen oder Handyverträge über personalisierte Portale verkauft.

Der Status-Quo: Warum halten viele an alten Systemen fest?

Dass diese „neue Welt“ eine andere IT-Architektur im Unternehmen erfordert, liegt auf der Hand: Die Aufgaben von Vertrieb, Marketing, Buchhaltung und Kundenservice müssen nahtlos(er) in das System integriert werden und alle Prozesse von der Produktentwicklung bis zum Vertragsabschluss hocheffizient ablaufen. Allerdings steht diesen Forderungen nicht selten ein starres und unflexibles IT-Bestandssystem entgegen: In mehr als der Hälfte aller deutscher Unternehmen ist die zentrale IT-Lösung schon lange im Einsatz, so zumindest das Ergebnis einer Deloitte-Studie aus dem Jahr 2018. Warum hält man an ihnen fest? Die Befragten der Studie gaben hier unter anderem die vorhandene IT-Infrastruktur (24 Prozent) und die „Langwierigkeit des Modernisierungsprozesses“ (21 Prozent) als Gründe an.

Beide Argumente spielen auch und gerade für Verantwortliche bei EVUs eine Rolle. Viele haben die Erfahrung gemacht, dass die punktuelle Modernisierung ihrer monolithischen Legacy-Systeme manchmal Monate lang andauert und meist achtstellige Summen verschlingt. Umso deutlicher muss man an dieser Stelle betonten: Die Modernisierung der kompletten IT-Struktur eines EVU ist viel schneller und viel einfacher möglich, als viele denken. Das Motto lautet: Raus aus den starren Systemen der Vergangenheit und rein in eine hochflexible Plattform-Lösung, wie sie powercloud bietet.

 

 

 

 

Der Modernisierungsprozess: Wie genau vollzieht sich der Weg zur powercloud?

Der End-to-End-Ansatz von powercloud steht in wenigen Monaten beim Kunden bereit und wird sehr sicher in verschiedenen Phasen implementiert. Wie das Ganze genau abläuft, hängt vom Status Quo des EVU ab:

  • Das Greenfield-Setup (für Unternehmen ohne Legacy-Systeme) ist besonders schnell. Beim Grünstrom-Start-up „stromee“ (mit seinen vollständig digitalisierten Prozessen) dauerte der ganze Prozess bis zum kompletten Marktstart beispielsweise nur rund acht Wochen – in Zeiten von „social distancing“ und Videokonferenzen eine enorme Leistung.
  • Die stufenweise Migration bietet sich bei großen EVUs an, die einerseits schnell auf die Vorteile von powercloud zurückgreifen, andererseits aber die neuen Prozesse überprüfen und den dazugehörigen Wandel im Unternehmen konsolidieren wollen. In der Zwischenzeit bleibt das Bestandssystem parallel aktiv. Einen solchen Weg wählten beispielsweise EnBW und E.ON – in mehreren Phasen wurden einzelne Marken und Kundengruppen migriert, um Risiko und Störungen zu minimieren. Es lässt sich immer ein Lerneffekt beobachten: Die Migrationsschritte werden effizienter, sobald das gesamte Team eingespielt ist. Dabei ergänzen wir die powercloud schrittweise und optimieren die Geschäftsprozesse immer weiter – und zwar im laufenden Betrieb auf Basis eines Continuous-Delivery-Prinzips. Mithilfe der weitreichenden Expertise unserer Migrationspartner im SAP IS-U, konnten wir beweisen, dass Migrationen innerhalb weniger Monate möglich sind. Auch für derzeit geplante Migrationen aus anderen Systemen gilt: Der Kunde gibt seine „Taktrate“ an und bestimmt selbst, wann er Altsysteme abschalten möchte.
  • Eine vollständige Migration aller Daten eines Systems in die powercloud und ihre Nutzung „vom ersten Tag an“ (ohne paralleles Legacy-System) empfehlen wir kleinen EVUs. Die Migration wird im Vorfeld mehrmals getestet und optimiert, so dass nur wenige manuelle Nacharbeiten anfallen. Ziel ist es, mit kürzester Downtime – ohne Ausfall eines Geschäftstags – sofort wieder einsatzbereit zu sein. Eine solche Vollmigration wurde bei NaturEnergie+ (EnBW) mit rund 40.000 Kunden realisiert.

Baukasten-System punktet

In jedem dieser Fälle gilt aber: Bei powercloud kommt ein standardisierter Best-Practice-Prozess mit definierten Onboarding-Modulen zum Einsatz. Hier zeigt sich der entscheidende Unterschied zu traditionellen Lösungen: In der „alten Welt“ hatte man durch hochindividualisierte Eigenentwicklungen und Erweiterungen hohe Kosten in der Wartung und Anpassung – beispielsweise aufgrund geänderter regulatorischer Vorgaben. Mit powercloud gehört das der Vergangenheit an. Mithilfe unserer modernen Integrationsschicht, fertigen Adaptern und Out-of-the-Box-Apps wird das Baukastensystem auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten. Die einzelnen Elemente dieses Baukastens sind vielfach geprüft. Die Implementierung setzen wir in einem gemeinsamen Team mit unseren Spezialisten der powercloud, Kunden und Partnern um. Etwaige Weiterentwicklungen erfolgen gemeinsam mit Kunden und stehen im powercloud Core allen zur Verfügung. In der Folge wächst die Standardlösung und es wird auf teure Eigenentwicklung mit hohen Wartungsaufwänden verzichtet.

Im ersten Schritt des Migrationsprojekts erfolgt dabei immer ein Grundworkshop, in dem es beispielsweise um den benötigten Leistungsumfang sowie die Funktionsaufteilung zwischen powercloud, Apps und Drittanwendungen geht. Auf dieser Basis entwickeln wir eine klare Projektstruktur und planen den zeitlichen Ablauf. Bei Legacy-Projekten stehen anschließend die Datenanalyse bzw. -selektion im Vordergrund. Die gewünschten Daten werden in die powercloud importiert und das System getestet. Nach einer Stammdatenkonsolidierung auf Basis der standardisierten Marktkommunikation startet der Go-Live.

 

 

 

 

Die Neupositionierung: Warum lassen sich neue Produkte mithilfe der powercloud schneller entwickeln?

Bleibt am Ende der Blick auf die überragenden Vorteile unserer SaaS-Lösung für die Marktpositionierung von EVUs – Stichwort „neue Produkte“. Sehr vieles hängt zukünftig davon ab, wie schnell und passgenau die Produktwelt auf den einzelnen Kunden zugeschnitten ist. Nicht umsonst wird in diesem Zusammenhang häufig auf das individualisierte Webportal von Amazon verwiesen. Vergleichbare Lösungen sind eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg von Cross- und Up-Selling sowie „Digital-First“-Serviceangeboten. Was für Möglichkeiten die powercloud in diesen Zusammenhang eröffnet, zeigen diese drei Anwendungsbeispiele:

  1. Mit der Commodity-Kombination starten: Nur Strom als einzelnes Produkt den Kunden anbieten? Eine Differenzierung im Markt ist so kaum noch möglich. Folglich rückt derzeit bei vielen EVUs das Bündeln von Energieverträgen in den Fokus. Dieser Ansatz lässt sich mit dem Commodity-Backend von powercloud, zu dem ein umfangreiches Produkt-Management gehört, in wenigen Stunden (!) in die Praxis umsetzen – inklusive aller komplexen Rechnungsmodalitäten, die quasi automatisiert im Hintergrund ablaufen. Das beinhaltet tatsächlich alles vom Umgang mit etwaigen Einmalzahlungen bis zur Kündigungsoption. Lass mich es deutlich sagen: Du benötigst nur noch wenige Klicks, um vollautomatisiert ein abrechnungsfähiges Produkt zu entwerfen und ad hoc am Markt zu veröffentlichen! Das gesamte Produktmanagement wird neu gedacht und folgt konsequent dem agilen Ansatz. Ohne Hinzunahme von Entwicklern oder aufwändige Konfigurationen kann zum Beispiel ein Strom-Gas-Bündel definiert werden. Die gerade neu gegründete DEW21-Tochter „stadtenergie“ bietet im ersten Schritt ein solches Angebot an.

  2. Mit „regionalen Bundles“ positionieren: Gerade für Stadtwerke gilt, dass ein differenziertes Produktportfolio eigentlich vorhanden ist – also neben dem klassischen Energieangebot beispielsweise auch Wallboxen, E-Roller oder Schwimmbad-Jahreskarten. Es liegt auf der Hand, das Ganze für attraktive Bündel-Angebote zu nutzen und zugleich den regionalen Wettbewerbsvorteil auszuspielen. Dabei könnten Stadtwerke also zum Beispiel eine „kostenlose“ Familien-Jahreskarte für das örtliche Hallenband mit Stromtarifen kombinieren. Wer so etwas bekommt, wird bei seinem Stadtwerk bleiben wollen. Ganz ähnlich verhält es sich beim Thema „E-Mobilität“, denn es ist für Kunden ein großer Vorteil, wenn der örtliche Strom-Anbieter eine Kombination aus Haushalts- und Ladestromtarif sowie Mobilitäts-Service bereit hält. Konkret heißt das: Macht die Wallbox technische Probleme, ist der Servicetechniker schnell(er) da. Diese und ähnliche Produkte sind mithilfe des powercloud-Kerns in wenigen Schritten umsetzbar. Das Motto lautet: unkompliziert Daten anlegen und zur Vermarktung bereitstellen. In der Folge bekommt der Endkunde nur eine Rechnung. Alle Daten sind kompakt unter einer Kundennummer im System versammelt. Bei Legacy-Systemen ist so etwas kaum denkbar. „Regionalen Bundles“ werden mithilfe der powercloud somit überhaupt erst möglich – und das auf Basis einer sehr einfachen Usability.

  3. Neue Geschäftsmodelle entwickeln: Der denkbar weitreichendste Ansatz ist die komplette Öffnung des Non-Commodity-Portfolios. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt: EVUs bieten an, dass Kunden ihren neuen Energievertrag mit Küchengeräten, Waschmaschinen, Smartphones und vielem mehr kombinieren. Die Frage ist nur: Wie ist so etwas machbar, wenn man kein eigenes Warenlager inklusive Logistik und Service etablieren und vorfinanzieren will? Hierzu gibt es mit dem sogenannten „Non-Commodity-Fulfillment“ eine wirkungsmächtige Lösung innerhalb des einzigartigen powerApp Stores von powercloud. Ähnlich wie bei Smartphone-Appstores finden Anwender hier sofort einsatzbereite und geprüfte Erweiterungen für die powercloud, die alle gewünschten Funktionen End-to-End durchführen. Der powerApp Store zählt mittlerweile über 80 Apps, die App Partner bieten eine Vielzahl von kundenorientierten Erweiterungen für powercloud an – von E-Mobilität und Smart Meter über Vertriebsportale und Abschlussstrecken bis hin zu Inkasso- und Forderungsmanagement.

Die App „Non-Commodity-Fulfillment“ ermöglicht dabei die Etablierung eines riesigen Produkt-Portfolios ohne Kapitalbindung. Dabei werden alle Leistungen (natürlich im Namen des Versorgers) durch große Handelsunternehmen erbracht – von der Auftragsverarbeitung über die Lagerhaltung bis zum Kundenservice. Wohlgemerkt: Das EVU muss die Ware nicht vorfinanzieren und trägt auch nicht das Risiko von Nachfrage-Schwankungen. Die Vernetzung von EVU-Abrechnungssystem und externer Warenwirtschaft stellt erneut die App automatisiert sicher. Einfacher geht es nicht. Wie spektakulär so etwas aussehen kann, macht das powercloud-Beispiel „sparstom.de“ deutlich. Neukunden haben hier die Möglichkeit, zu ihrem Stromtarif unzählige Produkte hinzu zu buchen. Ein Klick genügt. Der Aufwand bei sparstrom.de? Minimal – und das gilt sowohl beim Hinzufügen neuer Non-Commodity-Produkte eines externen Anbieters als auch mit Blick auf die Bestell-, Liefer- und Reklamationsabwicklung.

 

 

 

 

Über den Autor

Sam Schubert ist als gebürtiger Rheinländer seit Oktober 2019 am Fuße des Schwarzwalds bei powercloud aktiv. Im Kundenumfeld der Energiewirtschaft ist der Produkt Manager ein bekanntes Gesicht, denn er hat mehr als 10 Jahre lang deutsche EVU dabei unterstützt, diverse regulatorische Anforderungen in das vorhandene SAP IS-U zu integrieren. Bei powercloud erweitert er immer wieder den Funktionsumfang der Cloudlösung – und zwar sowohl für Bestandskunden also auch für Messstellen- und Netzbetreiber. Sein Fokus liegt dabei nicht mehr nur auf dem deutschsprachigen Raum. Auch diverse europäische Projekte sind unter seiner Verantwortung.